Der TV Reutlingen schrammt Millimeter am Klassenerhalt vorbei.
Er riss die Arme nach oben, ließ sich entkräftet auf den Boden sinken, als ihn kurz danach eine Spielertraube begrub. Jordi Samper-Montana hätte der Held des Tages sein können. Der Vorzeigekämpfer des TV Reutlingen lieferte beim letzten Spiel der Bundesligasaison, beim letzten Spiel vor heimischem Publikum, gegen den fläsh TC Weinheim seine Meisterleistung ab. Sein Kontrahent Sadio Doumbia zwang ihn bis in den Matchtiebreak und diesen werden die 600 anwesenden Zuschauer so schnell nicht vergessen. Unzählige Matchbälle wurden auf beiden Seiten abgewehrt, bis Samper-Montana den Matchball zum 22:20 verwandelte. Was sich wie ein Handballergebnis liest, war das Ende eines dritten Satzes, das die Zuschauer von ihren Stühlen riss. Als der letzte Ball an Doumbia vorbei flog, sprang als ersten Coach Daniel Stöhr auf und reckte die Fäuste so weit wie möglich zum Himmel. „So einen Matchtiebreak habe ich noch nie erlebt“, stammelte er nach der Partie sichtlich mitgenommen, „Jordi ist ein unglaublicher Fighter.“ Samper-Montanas Erfolg war einer von dreien im Einzel. Auch Michael Berrer biss sich durch die Partie gegen Moritz Baumann, wobei er zugab, dass er „nicht das beste Tennis gespielt hat.“ 6:4 6:4 hieß es am Ende für den Routinier. Und Reutlingens Nummer eins, Lorenzo Sonego, zeigte gegen Luca Vanni, der in dieser Bundesligasaison erst zwei Partien verlor, dass er momentan in einer grandiosen Verfassung ist. Er siegte ebenfalls mit 6:4 6:4. „Ein 3:0 nach den ersten Matches hätte ich niemals für möglich gehalten“, gestand Stöhr nach Sonegos Sieg. Auch beim vierten Match von Tobias Simon gegen die ehemalige Nummer 35 der Welt, Benjamin Becker, standen die Zeichen auf Erfolg. Den ersten Satz holte Simon sensationell mit 7:6, machte anschließend in Durchgang zwei aber zu viele leichte Fehler. Im Matchtiebreak führte Simon dann bereits mit 8:4, wurde anschließend zu nervös und verlor die Partie noch mit 9:11. Die vorzeige Entscheidung war damit vertagt. Aber auch in den Doppeln sollte der Reutlinger Motor dann noch stocken. Sonego/Simon verloren nach Führung im ersten Satz noch mit 6:7 1:6, Berrer/Samper-Montana kämpften sich ab Durchgang zwei grandios in die Partie und führten die Entscheidung im Matchtiebreak herbei. Dieser war dann ein Sinnbild der gesamten Reutlinger Bundesligasaison. Beim Stande von 5:5 gelangen den Weinheimern zwei Netzroller. „In den entscheidenden Situationen hatten wir einfach Pech“, meinte Stöhr geknickt. Diesen Vorsprung ließ sich Weinheim nicht mehr nehmen und gewann mit 10:7. Den Sieg doch noch hergegeben, sanken alle Köpfe in Richtung Smartphone. In der parallel stattfindenden Partie des TK Kurhaus Lambertz Aachen gegen das Gerry Weber-Team BW Halle 1 musste Aachen verlieren, damit der TVR nicht absteigen würde. Punkt für Punkt wurde über den Liveticker verfolgt. Am Ende schaffte Aachen tatsächlich ein 3:3 gegen Halle, was den Reutlinger Abstieg besiegelte. Die Enttäuschung war beim Coach riesengroß. „Hätten wir den ein oder anderen Punkt an den anderen Spieltagen geholt, hätten wir es geschafft. Aber so viel Glück wie wir vergangenes Jahr beim Aufstieg hatten, so viel Pech hatten wir diese Saison. So viele Ergebnisse waren so knapp.“ Ein Schluck Wasser vertrieb dann aber etwas den Kater des Abstiegs. „Trotzdem war das eine super Saison. Mit meinen Jungs macht das tierisch viel Spaß und ehrlich gesagt – wir hätten anfangs der Saison nicht gedacht, dass wir überhaupt eine Chance auf den Klassenerhalt haben würden. Dann greifen wir eben im nächsten Jahr aufs Neue an.“